SOS MEDITERRANEE, MSF und SEA-WATCH warnen vor mehr Todesfällen im zentralen Mittelmeer in einem weiteren Sommer ohne staatliche Seenotrettung
SOS MEDITERRANEE, MSF und SEA-WATCH warnen vor mehr Todesfällen im zentralen Mittelmeer in einem weiteren Sommer ohne staatliche Seenotrettung
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Zentrales Mittelmeer, Mittwoch, 3. August 2022 - SOS MEDITERRANEE, MSF und SEA-WATCH fordern in den Sommermonaten erneut die dringende Umsetzung eines staatlichen Such- und Rettungsprogramms im zentralen Mittelmeer, um weitere Todesfälle zu verhindern. Innerhalb von fünf Tagen haben die Geo Barents, ein von Ärzte ohne Grenzen (MSF) betriebenes Rettungsschiff, und die Ocean Viking, ein von SOS MEDITERRANEE in Zusammenarbeit mit der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften (IFRC) gechartertes Rettungsschiff, 16 Boote aus Seenot gerettet. In der Woche zuvor konnte die Sea-Watch 3 ebenfalls insgesamt 444 Überlebende von fünf Booten retten. Ohne die zivile Seenotrettung wären diese Kinder, Frauen und Männer in internationalen Gewässern vor Libyen ihrem Schicksal überlassen worden, auf der seit 2014 tödlichsten Seemigrationsroute der Welt.Der Rückzug europäischer Einsatzkräfte aus der Seenotrettung im zentralen Mittelmeer sowie die Verzögerungen bei der Zuweisung sicherer Häfen für die Ausschiffung Geretteter haben das Such- und Rettungssystem und damit die Fähigkeit, Leben zu retten, ausgehöhlt. Obwohl wir uns systematisch um eine Koordinierung unserer Einsätze bemühen, so wie das Seerecht es vorsieht, reagieren die libyschen Behörden so gut wie nie. Damit verletzen sie ihre gesetzliche Verpflichtung zur Koordinierung von Rettungsmaßnahmen. In den Fällen, in denen sie selbst eingreifen und Boote in Seenot abfangen, zwingen die libyschen Seebehörden Überlebende systematisch völkerrechtswidrig nach Libyen zurück, das nach Ansicht der Vereinten Nationen nicht als sicherer Ort gelten kann.Obwohl es in diesem Meeresabschnitt an Kapazitäten zur Seenotrettung fehlt, versuchen Menschen weiterhin, über das zentrale Mittelmeer aus Libyen zu fliehen und riskieren so ihr Leben, um sich in Sicherheit zu bringen. Im Sommer, wenn die Wetterbedingungen diese gefährlichen Überfahrten häufiger erlauben, kommt es zu mehr Abfahrten aus Libyen. Deshalb braucht es eine große Such- und Rettungsflotte. “Seit Beginn des Sommers hat unser Team drei Rettungsmissionen durchgeführt. Leider endete die erste Mission tragisch, mit 30 Vermissten und einer Frau, die leider nicht überlebte. Die beiden anderen Einsätze waren extrem intensiv, mit jeweils sechs Rettungen in zwölf Stunden und elf Rettungen in 72 Stunden, bei denen insgesamt 974 Menschen gerettet wurden. Aufgrund des Notstands haben wir derzeit 659 Personen an Bord der Geo Barents, was die Kapazität des Schiffs überschreitet. Wir haben immer wieder Notrufe erhalten, auf die sonst niemand reagiert hat, oder von der Brücke unseres Schiffs aus Boote in Seenot gesichtet und es ist unsere rechtliche und moralische Pflicht, diese Menschen nicht ertrinken zu lassen. Die Lücke der staatlich geführten Such- und Rettungsflotte zu schließen, reicht angesichts des Bedarfs einfach nicht aus. Es braucht dringend mehr Kapazitäten im zentralen Mittelmeer,” erklärt Juan Matias Gil, MSF Beauftragter für Such- und Rettungseinsätze. Während 438 Gerettete am 30. Juli in Taranto, Italien, von Bord der Sea-Watch 3 gehen konnten, und die Ocean Viking die 387 zwischen dem 24. und 25. Juli geretteten Frauen, Kinder und Männer, in Salerno, Italien, an Land bringen durfte, wartet die Geo Barents immer noch auf eine Lösung für die Überlebenden, die vor bis zu sieben Tagen gerettet wurden. “Man setzt extrem vulnerable Menschen zusätzlicher Gewalt aus, wenn man Überlebende tagelang auf dem Meer festhält, während sie darauf warten, an einem sicheren Ort an Land zu gehen. Überlebende, die in den letzten sechs Jahren von der Ocean Viking gerettet wurden, haben unseren Teams erschütternde Geschichten von Gewalt und Missbrauch erzählt. Die Flucht über das Meer aus Libyen, das viele von ihnen als “Hölle auf Erden” beschreiben, ist die letzte und einzige Hoffnung, die diese Menschen haben, ungeachtet der Risiken. Die Einstellung europäischer Such- und Rettungseinsätze in internationalen Gewässern vor Libyen hat sich als tödlich und völlig unwirksam bei der Verhinderung gefährlicher Überfahrten erwiesen,” sagt Xavier Lauth, Einsatzleiter von SOS MEDITERRANEE. “Während die europäischen Behörden nicht gewillt sind, ihrer Pflicht zur Seenotrettung nachzukommen, verzögern sie außerdem die Ausschiffung von NGOs geretteter Menschen. Dieses unnötige tagelange Warten zermürbt die Geretteten: Sie haben das Mittelmeer überlebt, doch anstatt sich in Sicherheit zu wissen, müssen sie tagelang vor den verschlossenen Toren Europas darauf warten, dass ihre Menschenrechte respektiert werden,” sagt Mattea Weihe, Sprecherin von SEA-WATCH. SOS MEDITERRANEE, Ärzte ohne Grenzen und SEA-WATCH fordern von EU-Mitgliedsländern und assoziierten Staaten den Einsatz einer angemessenen, staatlich geführten und proaktiven Flotte für die Seenotrettung im zentralen Mittelmeer, schnelle und angemessene Antwort auf alle Notrufe sowie einen vorhersehbaren Mechanismus zur Ausschiffung von Überlebenden. ***Foto : Anthony Jean /SOS MEDITERRANEE
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